Von der Winkelmoosalm machen sich 19 Bergbegeisterte unter der Führung von Gerhard Hofmann auf, das Dürrnbachhorn zu überschreiten. Wir folgen dem Wegweiser nordwärts, an weidenden Kühen vorbei, aufwärts. Dabei lassen wir die Winkelmoosalm, das Münchner Haus und die Traunsteiner Skihütte rechts liegen. Bei der Wegtrennung Dürrnbachalm - Finsterbachalm gehen wir nach links in Richtung Dürrnbachalm. Von rechts werden wir zurück kommen. Nach der Dürrnbachalm verliert sich die breite Almstraße und geht in einen Wiesenpfad über. Wir wählen den schattigen Waldweg und biegen bei den gelben Wegweisern, die Almgebäude in Sichtweite, nach rechts, in den zunächst schwach ausgeprägten Wiesenpfad, ein. Der Steig wechselt seine Richtung von Nordost nach Süden und bringt uns zügig nach oben zum Bergrücken hinauf. Dort ändert der Steig erneut seine Richtung gegen Nordosten und legt sich zurück. Zwanzig Minuten später kommen wir an einem alten, markanten Grenzstein vorbei und verlassen die Bayerische Heimat. Es geht erneut steiler nach oben zu einem Wiesenplateau. Von hier haben wir unser Ziel bereits gut im Blick. Das Gipfelkreuz hebt sich über den bewaldeten Hang in den blauen Himmel. Nach einer Trinkpause und einer ersten kleinen Stärkung gehen wir weiter.
Als wir das Dürrnbacheck auf 1590 Metern erreichen, bildet unser Lenz, mangels Gipfelkreuz, ein Kreuz aus Wanderstöcken nach. Ohne merklichen Höhengewinn gehen wir auf schrofigem Pfad zur Bergstation der Nostalgie Sesselbahn, die auf einer Höhe von 1610 m steht.
Bei den heutigen, heißen Temperaturen wird sich sicher so mancher insgeheim gedacht haben - mit der Sesselbahn wäre der Anstieg, bis hier oben, nicht so schweißtreibend gewesen. Aber es sollte noch besser kommen. In der südseitigen Latschengasse mussten wir die nächsten 160 Höhenmeter, über nicht enden wollende Treppenstufen, aufsteigen. Die Gluthitze, die sich zwischen dem Latschenbewuchs festgesetzt hat, tränkt die hölzerne Himmelsleiter mit Wolfratshauser Schweiß, der von den Stirnen herab tropft. Wir sind alle sehr froh, als endlich das Gipfelkreuz über die Latschen empor spitzt und kurz darauf erreicht ist. Ich bin ein wenig verwundert, als ich bei meiner Ankunft zum Fotostar avanciere. Nicht meine Qualitäten als Fotomodell sind gefragt, sondern das in den Gläsern meiner Sonnenbrille spiegelnde Gipfelkreuz.
Der Fernblick ist heute ein wenig getrübt, so dass die Berggipfel mehr geraten werden müssen. Im Süden die Loferer Steinberge und das Fellhorn, im Osten Zahmer und Wilder Kaiser, im Westen die Reiter Alpe, im Norden beim Blick über die Kante tief unten der Weitsee, Mittersee und Lödensee. Dahinter Gurnwandkopf und Hörndlwand.
Der Lenz holt selbstverständlich sein Horn heraus und bläst, nicht nur zu unserer Freude, mehrere Dankes-Halali in die Bergwelt. Der Vorschlag mit dem Hut sammeln zu gehen wird von ihm allerdings abgelehnt.
Nach der verdienten Gipfelrast beginnt am Grat, entlang der Abbruchkante, der schönste Teil der heutigen Bergtour.
Anfangs noch auf breitem Pfad entlang, beidseitig gesäumt von Latschen. Bald schon wird es spannender. Die Gipfelschneide wird schmaler. Sie bringt uns des Öfteren gefährlich nahe an die Abbruchkante der Nordwand heran. Auf Schrofenstufen geht es nach unten und dann auf den Gipfel zum Dürrnbachhorn nach oben. Hier auf der höchsten Erhebung steht kein Gipfelkreuz. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind, aufgrund der teils sehr exponierten Lage des Grates, unerlässlich. Schwindelnde Tiefblicke begleiteten die einzelnen Schritte und wechseln mit dem Blick auf das Sonntagshorn ab, auf das wir direkt zu wandern. Erneut geht es nach unten sehr nahe an die Kante heran. Auf der anderen Seite, Schwindel erregend nahe, entlang der deutlich sichtbaren Abbruchkante wieder nach oben. Danach wird der Gratsteig fast gemütlich. Viel zu schnell biegt der Steig nach rechts unten ab und verlässt den herrlichen Grat. Anfangs noch ein wenig steiler, bald auf angenehmen Wiesensteig geht es nach unten.
Auf der Wiese blüht zahlreich der Ungarische (Pannonische) Enzian. Am Gimplingsattel (1528 m) wird noch einmal der Trinkhaushalt in Ordnung gebracht. Dann geht es weiter. Bei der Fels übersäten Almwiese der Finsterbachalm verlassen wir den schattigen Wald. Rückblickend können wir am bewaldeten Bergzug das Gipfelkreuz entdecken.
Über die Almwiese wandern wir flach, am kleinen Felsen mit dem windschiefen Kreuz vorbei, zum Almgebäude. Die kleine Terrasse ist gut besetzt, so dass wir keinen Platz mehr haben, obwohl Einzelne dringend nach einer Pause verlangen. Wir steigen weiter auf der breiten Wirtschaftsstraße zur Winkelmoosalm ab und kehren dort auf der großen Sonnenterrasse ein. (gw)