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Trocken Brot und Vanillesauce – ein Wochenende am Bettelwurf

Text: An­ne Zel­ler, Fo­tos: An­ne Zel­ler & Lud­wig Lin­dovs­ky

03.10.2021

„Da kam ei­nes Ta­ges ein ar­mer Salz­berg­ar­bei­ter zum Klos­ter St. Mag­da­le­na am Fu­ße des Bet­tel­wurf
und bat um ein Al­mo­sen. Ein Non­ne gab ihm ein Stück stein­har­tes Brot. Da schrie der Mann zor­nig: "Die­sen Bet­tel könnt ihr sel­ber fres­sen!“ und schleu­der­te das Brot ge­gen die Fels­wand.

Brot ist aber – ob hart oder weich – ei­ne Got­tes­ga­be, mit der man sorg­sam um­ge­hen muss. Dar­um rief die Non­ne ent­setzt: "Das musst du bü­ßen. Rast­los wird dein Geist in die­sem Tal her­u­mir­ren müs­sen." Aber auch der Geiz der Non­ne wur­de be­straft. Zwei Erd­be­ben be­schä­dig­ten und zer­stör­ten spä­ter das Klos­ter. Den schrof­fen, stei­len Fel­sen, ge­gen den der Salz­berg­ar­bei­ter das har­te Brot, den "Bet­tel", ge­wor­fen hat­te, nann­ten die Leu­te ‚Bet­tel­wurf‘“, zi­tiert Mi­cha­el auf der Hin­fahrt zu un­se­rem Bet­tel­wurf-Wo­chen­en­de (18.-19. Sep­tem­ber) aus Wi­ki­pe­dia. Gu­te Vor­be­rei­tung – so wis­sen wir jetzt al­le, warum der Klei­ne und Große Bet­tel­wurf, un­se­re Gip­fel­zie­le für Sonn­tag, so hei­ßen.

Am Sams­tag geht es je­doch erst­mal „nur“ zur Bet­tel­wurf­hüt­te, und zwar über den Ab­sa­mer Klet­ter­steig. Zum Glück sind wir Mit­te Sep­tem­ber hier und nicht im Hoch­som­mer: Der kom­plet­te Steig ist süd­sei­tig und auch wir schwit­zen hier im Spät­som­mer ganz schön. Um­so grö­ßer ist die Freu­de, als wir kurz nach dem Aus­stieg aus dem Klet­ter­steig die Hüt­ten­fah­ne er­spä­hen kön­nen, auch wenn sie noch ca. ei­ne Stun­de ent­fernt ist. Mi­cha­el, der schon mehr­fach auf der Hüt­te war, schwärmt uns schon mal von dem Ap­fel­stru­del mit Va­nil­le­sau­ce vor. Dort an­ge­kom­men, be­la­gern wir wie ge­plant die Son­nen­ter­ras­se bei un­fass­ba­rem Berg-Pan­ora­ma und Ap­fel­stru­del und/oder Ku­chen. Nur lei­der oh­ne Va­nil­le­sau­ce, die ist näm­lich aus! Wolf­gang ver­lässt uns et­was frü­her, um sich hin­zu­le­gen, er fühlt sich nicht so gut. Beim Aben­des­sen ist er wie­der da­bei und wir las­sen einen son­ni­gen, schö­nen ers­ten Berg­tag ge­müt­lich aus­klin­gen.

Am Sonn­tag star­ten wir früh, denn der Wet­ter­be­richt droht uns Re­gen ab Nach­mit­tag an – oder ab Mit­tag oder erst ab Abend, je nach dem in wel­cher App man schaut. Wolf­gang fühlt sich bes­ser, aber im­mer noch nicht ganz fit und holt lie­ber das Son­nen­tan­ken auf der Hüt­ten­ter­ras­se nach. So zie­hen wir zu viert los, gleich hin­ter der Hüt­te geht es un­an­ge­nehm steil hin­auf, oh­ne ge­müt­li­ches Warm­lau­fen. Nach ein paar Draht­seil­pas­sa­gen und viel Geh­ge­län­de im brö­se­li­gen Kar­wen­del­kalk er­rei­chen wir den Klei­nen Bet­tel­wurf. Al­lein, wir und das gran­dio­se Pan­ora­ma und ei­ne fast mys­ti­sche Stim­mung beim Blick zum in Wol­ken­fet­zen gehüll­ten Großen Bet­tel­wurf. Dort­hin geht’s nach kur­z­er Pau­se auch gleich wei­ter. Hier er­war­tet uns et­was mehr Klet­ter­steig und auch ei­ni­ge rich­ti­ge Kra­xel-Stel­len zum Zu­pa­cken. Wir sind uns je­doch ei­nig, dass die Schwie­rig­kei­ten eher über­be­wer­tet sind und kom­men al­le gut durch. An­nes Seil darf im Ruck­sack blei­ben. Am Gip­fel des Großen Bet­tel­wurf tref­fen wir auf ein paar an­de­re Berg­stei­ger, die über den Nor­mal­weg (den sog. Ei­sen­gat­ter­grat) hin­auf­ge­kom­men sind – ei­ner so­gar mit Hund. Nach aus­gie­bi­ger Pau­se und dem zwei­ten Gip­fel­fo­to des Ta­ges ma­chen wir uns über den Ab­stieg auf eben die­sem Ei­sen­gat­ter­grat. Das Wet­ter hält und als wir um 12:15 Uhr auf der Hüt­ten­ter­ras­se an­kom­men, ist auch noch nichts von Re­gen zu se­hen. Wolf­gang er­war­tet uns gut ge­launt und „aus­ge­schla­fen“ in der Son­ne. So ma­chen wir erst mal Pau­se mit Kas­press­knö­del­sup­pe und Hol­ler­schor­le. (Va­nil­le­sau­ce ist lei­der im­mer noch aus.) Dann geht es auf den laaaan­gen Ab­stieg über den Nor­mal­weg, an des­sen En­de fast 2000 Hö­hen­me­ter in un­se­ren Mus­keln ste­cken wer­den. Kein gu­ter Ge­dan­ke... Von Sü­den se­hen wir schon einen dunk­le­ren Him­mel und im Ab­stieg meh­ren sich die Wol­ken. Die­ser An­blick lässt uns wohl et­was schnel­ler wer­den, denn wir sind un­ter der er­rech­ne­ten Geh­zeit am Ziel. Trotz­dem hat uns die letz­te hal­be Stun­de der Re­gen er­wi­scht! Aber das kann die Er­in­ne­rung an ein wirk­lich son­ni­ges  Berg­wo­chen­en­de nicht trü­ben. Dan­ke Lud­wig, Mi­cha­el, Wolf­gang und Ze­no für ein ent­spann­tes, lus­ti­ges, son­ni­ges, ge­müt­li­ches Wo­chen­en­de am Bet­tel­wurf – wenn auch oh­ne Va­nil­le­sau­ce!