Unterwegs in vergangenen Zeiten

Text: Ge­org Walz

23.11.2017

Die ers­te Tour vom Hans führt uns heu­er nach Reut­te in Ti­rol. Ei­ne Berg­wan­de­rung auf his­to­ri­schen Pfa­den hat er für die 25 Berg­freun­de aus­ge­sucht.

Von der Klau­se bli­cken wir ehr­fürch­tig nach oben zur high­li­ne 179, die das Tal in ei­ner Hö­he von 114 Me­tern über­spannt. Im löch­ri­gen, sil­bern glän­zen­den Brücken­steg be­we­gen sich Schat­ten, die eilends dar­über ge­hen. Un­se­ren Wolf­gang sper­ren wir als Schloss­ge­spenst in den ei­ser­nen Kä­fig ein, der am Ein­gang­stor zur Klau­se her­um steht. Wie dies bei Ge­spens­tern so ist, ge­lingt es ihm sich zu be­frei­en. Lang­sam an­stei­gend geht der Weg im lich­ten Schat­ten des Berg­wal­des nach oben. Vor­bei an großen Schau­ta­feln, auf de­nen der Wan­de­rer zahl­rei­che his­to­ri­sche In­for­ma­tio­nen, aber auch zur Sa­gen­welt le­sen kann. Ei­ne Vier­tel­stun­de spä­ter ste­hen wir et­was un­ter­halb der Bur­grui­ne Eh­ren­berg. Hier ver­las­sen wir die Ver­gan­gen­heit und ge­hen über die mo­der­ne Hän­ge­brücke high­li­ne 179, die mit ei­ner Län­ge von 406 Me­tern die Bur­grui­ne Eh­ren­berg mit dem Fort Clau­dia auf der ge­gen­über­lie­gen­den Sei­te ver­bin­det. Der Blick in die Tie­fe zur Klau­se ist phä­no­me­nal und so man­chen be­schleicht ein un­gu­tes Ge­fühl, als das 70 Ton­nen schwe­re und mit acht Fel­san­kern be­fes­tig­te Un­ge­tüm, durch die Re­gel­mä­ßig­keit der dar­über ge­hen­den Per­so­nen­grup­pe sanft ins Schau­keln ge­rät. Auf der rech­ten Brücken­sei­te hebt der Tha­nel­ler sein stahl­grau­es Fels­mas­siv in die Hö­he. Auf der an­de­ren Brücken­sei­te zum Grup­pen­fo­to auf­ge­stellt.

Der Wig­gerl hat sein Ge­tränk im Au­to un­ten am Park­platz der Klau­se ver­ges­sen und ent­schließt sich nach un­ten zur Klau­se ab­zu­stei­gen, um es zu ho­len und dann auf der an­de­ren Sei­te zur Burg Eh­ren­berg wie­der nach oben zu kom­men.

Ein kur­z­er An­stieg nach oben zu den Mau­er­res­ten des Forts Clau­dia ist zu be­wäl­ti­gen. Auch im Fort zeu­gen die Mau­er­res­te von der be­weg­ten Ver­gan­gen­heit. Die schma­len Schieß­schar­ten las­sen erah­nen, dass es tur­bu­lent und ge­fähr­lich zu­ging. Un­ser Lenz bläst mit sei­nem Jagd­horn zum sam­meln und zum Auf­bruch. Oder ist es ein Hal­la­li auf die rühm­li­che Ver­gan­gen­heit? Über die Hän­ge­brücke geht es zu­rück zur Burg Eh­ren­berg. Jetzt wird auch die­se von uns ge­stürmt und er­obert. Im In­ne­ren geht es zu­nächst nur auf­wärts. Die Be­woh­ner der Burg müs­sen fit ge­we­sen sein. Ka­no­nen, Pul­ver, Waf­fen, Es­sen - al­les muss­te nach hier oben ge­schleppt wer­den. Wir ge­hen über Trep­pen­stu­fen steil nach un­ten zum Burg­gar­ten. Dort ras­ten wir und er­ho­len uns von der bis­her er­leb­ten His­to­rie und auch von den Stra­pa­zen der neu­zeit­li­chen Hän­ge­brücke. Wig­gerl trifft wie­der ein.
Nach ei­ner Stun­de rüs­tet un­ser Wan­der­lei­ter zum Auf­bruch. Au­ßer­halb ent­lang der Burg­mau­ern spa­ren wir uns den Auf­stieg nach oben durch die Rui­ne. Dann folgt auf den kur­z­en Ab­stiegs­weg nach un­ten der stei­le An­stieg zur Fes­tung Schloss­kopf. Der hat es mit vol­lem Bauch in sich. Und so man­cher von uns wünscht sich ins­ge­heim, dass er viel­leicht nicht so viel es­sen hät­te sol­len. Im Schat­ten geht es mit schnel­lem Hö­hen­ge­winn nach oben. Teils über Stu­fen, teil über wur­ze­li­gen Steig. Ei­ne hal­be Stun­de spä­ter legt sich der Steig zu­rück und bringt uns auf der Nord­sei­te et­was ge­mäch­li­cher dem Gip­fel­pla­teau ent­ge­gen. Aus dem Nichts taucht die Fes­tungs­mau­er ober­halb auf. Ein Links­schwenk an der Fes­tungs­mau­er ent­lang und durch das große Mau­er­tor hin­ein in den ge­schicht­sträch­ti­gen wei­ten Platz.  Im Jah­re 1733 wur­de mit dem Fes­tungs­bau nach mo­d­erns­ten mi­li­tä­ri­schen Er­kennt­nis­sen be­gon­nen.

Von die­ser Fes­tungs­an­la­ge, die am Schloss­kopf auf 1250 m Hö­he di­rekt ober­halb der Burg Eh­ren­berg liegt, wur­de die Burg be­schos­sen. Der har­te Be­schuss ver­an­lass­te die Bay­ern sich aus der Burg zu­rück zu zie­hen und die­se auf­zu­ge­ben. In der Fes­tungs­an­la­ge gibt es viel zu er­kun­den. Der Schatz, der Nach­bau des großen höl­zer­nen Las­ten­krans, die Ka­se­mat­ten, die für da­ma­li­ge Zei­ten bom­ben­si­cher aus­ge­legt wa­ren, die un­ter­ir­disch an­ge­leg­te Wa­gen­wen­de­schlei­fe. Be­acht­lich ist auch die Grö­ße der An­la­ge, die lan­ge Zeit dem Ver­fall aus­ge­setzt war.

Auch von hier ist die Aus­sicht hin­un­ter nach Reut­te und die Fern­sicht auf die um­ge­ben­den Ber­ge un­be­schreib­lich schön. Lang­sam rüs­ten wir zum Auf­bruch. Wir ver­las­sen die Fes­tungs­an­la­ge auf der West­sei­te am großen mit Stei­nen ge­füll­ten Stahl­kreuz vor­bei. Ge­hen den brei­ten Fahr­weg am Schloss­berg ent­lang wei­ter sanft ab­wärts. Mi­nu­ten spä­ter zweigt un­ter­halb des Schloss­berg­gip­fels nach links ein schma­ler Berg­steig ab, in den wir ein­bie­gen. Am Sa­gen um­wo­be­nen Gold­loch vor­bei, geht es schat­tig im Wald mit an­ge­neh­men Hö­hen­ver­lust nach un­ten. Selbst­ver­ständ­lich muss ich mei­ne Hand in das Loch ste­cken, um zu er­kun­den, ob nicht doch ein klei­nes Gold­stück dar­auf war­tet, von mir mit­ge­nom­men zu wer­den. Ei­ne Drei­vier­tel­stun­de spä­ter tref­fen wir auf den His­to­ri­schen Weg, den wir nach rechts wei­ter zur Klau­se ge­hen. Zehn Mi­nu­ten da­nach kom­men wir auf der Tal­stra­ße an. Im Bier­gar­ten des Salz­stadls wird aber­mals ge­ras­tet und bei Kaf­fee und Ku­chen über die viel­fäl­ti­gen Ein­drücke der schö­nen und lehr­rei­chen Wan­de­rung ge­plau­dert.

An­stieg ca, 4 Std. / 7,3 km / 355 Hm / leich­te Berg­wan­de­rung